Interview mit Thomas Oppermann in der Welt am Sonntag
SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann fordert, Wählen attraktiver zu machen und Bürger auch zwischen Wahlterminen stärker politisch zu beteiligen.
Welt am Sonntag: Herr Oppermann, macht Ihnen Ihr Beruf eigentlich noch Spaß?
Thomas Oppermann: Ja. Sehr. Abgeordneter und Fraktionsvorsitzender zu sein ist ein besonderer Beruf. Er gibt die Chance, die Gesellschaft mit zu gestalten. Das ist eine schöne Aufgabe.
Welt am Sonntag: Schön, aber unbeliebt. Das Ansehen von Politikern ist mies. Selbst das Image von Versicherungsvertretern ist Umfragen zufolge besser. Warum?
Oppermann: Es gibt viele Gründe für den Verdruss über Demokratie, Politik und Medien. Uns Deutschen geht es so gut wie lange nicht. Dennoch wächst die Entfremdung zwischen Politik und Bürgern. Immer weniger Menschen gehen zur Wahl. Politik ist aus der Sicht vieler immer stärker ein Geschäft professioneller Eliten geworden. Deswegen müssen wir über neue Wege nachdenken, Wählen attraktiver zu machen und Bürger auch zwischen den Wahlterminen zu beteiligen. Die Beteiligung der Bürger stärkt die Herrschaft des Volkes und ist Wesenskern der Demokratie. Wahlbeteiligungen unter 50 Prozent können wir doch nicht einfach hinnehmen. Wenn wir an den beiden Themen nicht arbeiten, schafft die Demokratie sich selber ab.
Welt am Sonntag: Offenbaren die Pegida-Proteste eine zerbrochenen Beziehung zwischen politischer Klasse und Volk?
Oppermann: Die Beziehung ist nicht zerbrochen. Aber die Rückkopplung zwischen Politik und Bürgern ist gestört, langfristig bedroht das unsere parlamentarische Demokratie.
Welt am Sonntag: Es gibt eine echte Politikverachtung. Erleben Sie das in Ihrem Wahlkreis auch so?
Oppermann: Nein. Die Verachtung gilt in der Regel auch nicht dem einzelnen Politiker, sondern der Politik allgemein. Und sie kommt oft von Menschen mit autoritärer Grundhaltung. Deren Haltung fußt auf einem Duktus der Überlegenheit, der andere Menschen abwertet. Diese gefährliche Ideologie der Nicht-Gleichwertigkeit zeigt sich auch bei Pegida. Das Rezept dagegen lautet: Aufklären, differenzieren, argumentieren.
„„Bürgerbeteiligung ist Kern der Demokratie““ weiterlesen